Nationalpark Val Grande - ein Naturparadies wie aus dem Bilderbuch

Man müsste schon ein Herz aus Stein haben, damit selbiges beim Anblick des Nationalparks Val Grande nicht dahinschmilzt. Riesige Waldflächen präsentieren die Natur in ihrer urtümlichsten Form. Raue zerklüftete Felsen unterstreichen das Kontrastprogramm. Ob auf Wanderungen, Klettertouren oder entspannten Aufenthalten unter freiem Himmel bei einem Picknick – der Nationalpark Val Grande erfüllt alle Reisewünsche.

Nationalpark Val Grande
Der Nationalpark Val Grande

Das größte Wildnisschutzgebiet Italiens

Als der Nationalpark Val Grande im Jahre 1992 offiziell gegründet wurde, ahnte vermutlich noch niemand, welch wichtige Rolle die Naturlandschaft schon bald für den Tourismus am Lago Maggiore spielen würde. Denn hier wurde im Hinterland des Piemont direkt am Lago Maggiore das größte Wildnisschutzgebiet von Italien erschaffen. Sogar in der gesamten Alpenregion ist der Val Grande nicht an Größe zu übertreffen. Ausgedehnte Buchen- und Kastanienwälder sind das Markenzeichen des Nationalparks, der stolze 15.000 Hektar umfasst. In weiten Teilen ist der Naturpark zwar schwer zugänglich. Dennnoch gibt es einige Wege, die nördlich vom Valle Vigezzo, südlich und westlich vom Ossolatal oder im Nordosten vom Valle Cannobina hineinführen.

Im Val Grande befinden sich nahezu keine landwirtschaftlichen Flächen

Da im Val Grande überwiegend raue, zerklüftete Bergformationen mit einer Höhe von bis zu 2.300 Metern zu Hause sind, wird der Park heute so gut wie gar nicht mehr forst- oder landwirtschaftlich betrieben. In der Vergangenheit wehte in der Region ein anderer Wind. Denn bis in die 1950er Jahre hinein war das Gebiet für seine intensive Weide- und Waldwirtschaft bekannt. Dieser Teil der Siedlungsgeschichte gehört heute zwar überwiegend der Vergangenheit an. Dennoch sind einige Siedlungsreste im Gebiet noch immer allgegenwärtig.

Tragische Stunden während der zwei Weltkriege

Noch weiter geht die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg zurück. Damals errichteten Schweizer in der Region die sogenannte Linie Cadorna. Mit dieser Verteidigungslinie wollten die Landsleute einer deutsch-österreichischen Invasion über die Schweiz vorbeugen. Einige Unterstände und Schützengräben sind bis heute noch sichtbar. Im Zweiten Weltkrieg wendete sich das Blatt. In dieser Zeit entwickelte sich das Val Grande zu einem Rückzugsgebiet von italienischen Widerstandsgruppen, die sich gegen die deutsche Besatzung und den italienischen Faschismus aussprachen. Eines der düstersten Kapitel erlebte die Region dann im Juni 1944. Italienische Faschisten und Anhänger der deutschen Waffen-SS organisierten ein sogenanntes Rastrellamento. Hierbei durchkämmten die Angreifer das Val Grande, um einige Teile zu zerstören. Zahlreiche Zivilisten und Partisanen fielen diesen Angriffen zum Opfer. An diese tragischen Momente erinnert bis heute das Museum „Casa della Resistenza“. Diese Ausstellung wurde in Fondotoce an dem Ort eröffnet, an dem ein Großteil der Partisanen hingerichtet wurde. Für die Opfer dieses Angriffs kam damals zwar jede Hilfe zu spät. Dennoch wendete sich das Blatt im September 1944, als erstarkte Partisanan Domodossola befreiten und für ganze 40 Tage die Republica dell'Ossola ausriefen. Daraufhin wurde die Republik von deutschen und italienischen Angreifern niedergeschlagen.

Ein Mekka für Bergsteiger und Wanderer

Wanderer im Nationalpark Val Grande

Doch die Spuren dieser tragischen kriegerischen Auseinandersetzungen sind heute zum Glück größtenteils verweht. Denn heute verzaubert das Val Grande als Paradies für Bergsteiger und Wanderer, die sich auf Schusters Rappen auf die Pfade der wilden, rauen Naturlandschaft begeben möchten. Wanderwege sind allesamt beschildert und gekennzeichnet. Ältere Wege und Maultierpfade einstiger Bewohner sind zum Teil zugewachsen. Einstige Alpen und das Weideland lassen sich heute zumeist nur noch erahnen. Denn der Nationalpark Val Grande ist ein lebhaftes Beispiel dafür, dass sich die Natur das Land schrittweise zurückerobert.

Mit Lehrtafeln ausgestattete Wanderwege

Dennoch ließ es sich die Parkverwaltung nicht nehmen, kleine Wanderwege mit Lehrtafeln zu versehen. Diese Wege, sogenannte Sentieri Natura, sind sehr gut für Wanderungen in leichteren Schwierigkeitsgraden geeignet. Möchten Bergsteiger oder Wanderer das Val Grande hingegen auf eigene Faust erobern, sollten die Besucher gut trainiert und auch ausgerüstet sein. Wander- und Klettertouren durch das Val Grande sind eine besondere Herausforderung. Einen Schlafsack, Kompass, Proviant und eine Isomatte sollten die Ausflügler hierbei stets mit sich führen. Außerdem hat die Parkverwaltung mittlerweile mehrere Berghütten eingerichtet, in denen die Wanderer übernachten können. Wer eine größere Tour plant, kann auf Wunsch sogar einen Wanderführer mieten. Da in zentral gelegenen Teilen des Parks kein Handyempfang vorhanden ist, sollten Aktivurlauber dringend von Touren in Eigenregie absehen.

Tipps zur Anreise mit dem Auto oder zu Fuß

Ein Zugang zum Nationalpark Val Grande ist von mehreren Ortschaften aus möglich, die sich rund um den Park befinden. Wer mit dem Auto anreisen möchte, erreicht das Naturparadies über eine recht enge und kurvige Straße im Hauptort Cicogna. Cicogna ist außerdem der Ort, an dem die Parkverwaltung ein größeres Informationszentrum eröffnet hat. Die Tore dieses Zentrums sind im August täglich außer Montag sowie im Juli, September und Oktober jeweils an den Wochenendtagen geöffnet.

Atemberaubende Aussichten von hohen Bergen

Die eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten des Nationalparks sind zwei Berge, die sich über dem Val Grande erheben. Einer dieser Berge ist der Pizzo Mottac, der in der Mitte des Naturparadieses zwischen Tälern bis zu 1.802 Meter in die Höhe ragt. Direkt unter dem Gipfel befindet sich eine Hütte, die Alpe Mottac. Von dieser Hütte und dem Gipfel aus können Ausflügler ihre Blicke über das ganze Tal und umliegende Bergwelten schweifen lassen. Der Pizzo Proman thront ebenfalls über dem Val Grande. Wanderer erreichen diese knapp 2.100 Meter hohe Erhebung von der Alpe della Colma, die etwa zwei Stunden von dem Berg entfernt ist. Dieser Wanderweg ist insbesondere für anspruchsvolle Wanderer geeignet, die schmale Grade erobern und für einfache Kletterpartien gerüstet sein müssen. Doch haben die Wandersleute den Gipfel erreicht, entschädigt der Panoramablick auf die Berge und den Lago Maggiore für alle Mühen.


Hier finden Sie weitere Artikel aus unserer Rubrik: Ausflugstipps am Lago Maggiore